LEBENSFREUDE deren ihr Leben erstaunlich gut hinkriegen. Aber vielleicht täuscht das, und die liegen auch schlaflos und von Sorgen gequält nachts wach. Abgesehen davon ist es mit der psychischen Gesundheit ähnlich wie mit der körperlichen. Wir kommen nicht alle mit der gleichen Konstitution auf die Welt: Einige haben ständig einen Infekt oder erkranken schon früh an schweren Krankheiten wie Krebs, andere können jahrzehntelang rauchen, trinken und sich ungesund ernähren, ohne krank zu werden. Es gibt die Menschen, die genetisch großes Glück haben, und Menschen, die sich aktiver um den Erhalt ihrer Gesundheit kümmern müssen. Das gilt für die Psyche genauso. Gibt es besonders empfehlenswerte Übungen für die Stärkung der Resilienz – so wie Kniebeugen für die Fitness oder der tägliche Apfel, der die Gesundheit bewahrt? Resilienzstärkend kann alles sein, was Ihnen auf eine gesunde Weise guttut, Sie erfüllt, erheitert, das Stresslevel runterfährt. Der Spaziergang im Morgengrauen, das Dankbarkeitstagebuch, der Tango-Tanzkurs, liebevolle Familienrituale oder auch die Selbst- fürsorge, wenn Sie mal genauer schauen: Was brauche ich eigent- lich, um mich in meiner Mittagspause wirklich zu erholen? Tun mir die Gespräche mit meinen Kollegen in der Kantine wirklich gut? Oder was könnte ich anders machen? Meine Gene haben also einen Einfluss auf meine Resilienz? Ja, wir wissen heute, dass es durchaus genetische Veranlagun- gen für bestimmte psychische Erkrankungen gibt, zum Beispiel Schizophrenie, Depressionen oder Essstörungen. Wenn es da Fälle in der Herkunftsfamilie gab, besteht rechnerisch eine erhöhte Gefahr, auch daran zu erkranken. Das muss nicht passieren. Aber es lohnt sich schon, genauer hinzuschauen. So wie bei Herz- infarkten und Brustkrebs, wo man ja auch auf eine besonders gründliche Vorsorge achtet, wenn die entsprechende Familien- geschichte vorliegt. Wenn Resilienz das Immunsystem der Psyche ist und die geneti- sche Prägung ein Faktor, was sind denn dann die weiteren Statio- nen, in denen dieses Immunsystem aufgebaut und trainiert wird? Die zweite Quelle unserer Resilienz ist auf jeden Fall unsere früh- kindlichen Prägungen. Wenn wir da in ein sicheres Umfeld hinein- geboren worden sind, viel Zuneigung erfahren haben, unsere Be- dürfnisse erkannt und respektiert worden sind, dann ist das eine gute Basis, um eine widerstandsfähige Psyche, Selbstbewusstsein, Selbstfürsorge und Selbstwirksamkeit zu entwickeln. Misshand- lungen oder Missbrauch in der Kindheit vermitteln dagegen schon früh ein Gefühl der Ohnmacht, weil andere Menschen einen für die eigenen Zwecke missbrauchen und nicht respektieren. Solche Er- fahrungen sollten auf jeden Fall später aufgearbeitet werden, weil die erlebten Verletzungen die seelische Widerstandskraft sonst dauerhaft begrenzen. Und das ist auch schon der dritte Faktor, der unsere Resilienz beeinflusst: unser lebenslanger Umgang mit un- seren Erlebnissen und Gefühlen. Da geht es darum, unsere Stärken und Schwächen zu erkennen, unsere Triggerpunkte und Komfort- zonen zu kennen, uns gegebenenfalls therapeutische Hilfe zu ho- len, Entspannungstechniken zu lernen oder auch mal das Smart- phone beiseitezulegen, weil wir merken, dass uns das ständige Konsumieren von negativen Nachrichten nicht guttut. Wie hilft mir Resilienz dabei, mit dem Älterwerden besser umzu- gehen? So wie Sport und eine nährstoffreiche Ernährung dabei helfen, auf gesunde Weise alt zu werden, können Sie auch mit entsprechen- dem Training, Selbstfürsorge und der richtigen geistigen Nahrung dafür sorgen, dass Sie auch als älterer Mensch gestärkt durch das Leben gehen – und besser mit den Belastungen und Heraus- forderungen dieser Lebensphase fertigwerden. Es ist gut, wenn man beizeiten gelernt hat, wie man wieder Lebensmut, Ideen und Energie entwickeln kann, wenn die Kräfte langsam schwinden. Wenn man gestresst ist, ist so eine Frage manchmal gar nicht so leicht zu beantworten. Ja, die Kunst ist tatsächlich immer wieder, den Zugang zu seinen eigenen Emotionen zu finden und zu merken: Was brauche ich jetzt? Um den Block rennen, eine Pro- und Kontra-Liste schreiben, ein Mandala malen, einen Baum umarmen, mich im Bett verkrie- chen? Darin kann man tatsächlich besser werden, so wie man auch lernen kann, zu spüren, ob einem ein bestimmtes Nahrungsmittel guttut oder nicht. Wir sollten lernen, unsere Gefühle zu lesen? Ja, wir können lernen, uns von ihnen informieren und motivieren zu lassen. Und nicht von ihnen überfallen und gefangen nehmen zu lassen. Zum Beispiel die Wut. Man kann sie nähren und immer wieder anfachen. Oder sie genauer anschauen und sich fragen: Steckt auch Trauer oder Angst in meiner Wut? Worum geht es mir hier eigentlich? Das kann dabei helfen, anstrengende Gefühle los- zulassen und Ihre Energie zu nutzen, um wieder ins Handeln zu kommen. Die Wut weist uns darauf hin, dass eine Ungerechtigkeit passiert ist oder passieren wird, dass unsere Werte verletzt wer- den oder unsere Bedürfnisse bedroht sind. Sie wird von ganz allein wieder verschwinden, wenn wir für uns eingestanden sind und da- für gesorgt haben, dass die Dinge in unserem Sinne geschehen. Kann ich auch meine Resilienz stärken, indem ich mich aktiv um das Thema Altersvorsorge kümmere? Natürlich, indem Sie sich aktiv mit dem Thema Altersvorsorge be- schäftigen, stärken Sie Ihre Resilienz. Wenn Sie zusätzliche Vor- sorge betreiben, verlassen Sie die Opferrolle und übernehmen Ver- antwortung für Ihre Zukunft. Statt sich über die gesetzliche Rente zu ärgern, gestalten Sie Ihre finanzielle Situation aktiv mit und ma- chen Ihrem zukünftigen Ich ein Geschenk. Das stärkt Sie doppelt: Sie fühlen sich heute besser und profitieren in der Zukunft praktisch davon. Dieses Prinzip gilt übrigens auch im Kleinen, etwa wenn Sie den Abwasch direkt nach dem Mittagessen erledigen und sich später über eine saubere Küche freuen. Probieren Sie es aus! L E S E T I P P ! RENÉ TRÄGER: DAS LEBEN SO: NEIN, ICH SO: DOCH! – WIE DU BESSER MIT STRESS, KRISEN UND SCHICKSALSSCHLÄGEN UMGEHST (ERSCHIENEN IM ULLSTEIN VERLAG) DAS MAGAZIN DER BVK ZUSATZVERSORGUNG · 27